Im Gedenken an den Aufstand des Gewissens
Trotz großer Sommerhitze zog es mehr als 50 Potsdamerinnen und Potsdamer in die Dorfkirche Bornstedt, um an einer Veranstaltung zum Gedenken an die Männer und Frauen des 20. Juli 1944 teilzunehmen. Unter ihnen auch eine Abordnung unseres Stadtbezirksverbandes, der in diesem Jahr aufgrund der kurzfristigen krankheitsbedingten Absage eine der letzten Zeitzeuginnen des Attentats keine eigene Gedenkveranstaltung zum 20. Juli durchführen konnte.
Überschattet wurde das Gedenken durch den sinnlosen Mordanschlag von München vom gestrigen Abend, dessen Opfer der Bornstedter Pfarrer Friedhelm Wizisla und seine Kollegin aus der Nagelkreuzkappelle, Cornelia Radeke-Engst, in ihrer Andacht am Beginn der Veranstaltung gedachten.
Nach der Andacht trug die Tochter des Widerstandskämpfers Ludwig von Hammerstein-Equord, Juliane Kutter, die hierzu extra mit ihrem Ehemann aus Hamburg angereist war, die Geschichte ihrer Familie im Widerstand gegen den Nationalsozialismus vor: Ludwig von Hammerstein-Equord war einer der Söhne von Generalleutnant Curt von Hammerstein-Equord (verstorben 1943), der ebenfalls ein Gegner des NS-Regimes war und über den seine Kinder früh mit bekannten späteren Widerstandskämpfern aus dem Militär wie Generaloberst Ludwig Beck, aber auch mit Männern wie Carl Goerdeler, Wilhelm Leuschner, Robert Lehr oder Jakob Kaiser bekannt wurden.
Juliane Kutter gelang ein überzeugender, lebendiger Vortrag von großer historischer Genauigkeit in Verbindung mit zahlreichen Ergänzungen aus dem privaten Umfeld ihrer Familie sowie auch der anderen Verschwörer. Ein besonderer Höhepunkt war hierbei, dass an verschiedenen Stellen des Vortrages Interviewausschnitte ihres 1996 verstorbenen Vaters eingespielt wurden, in denen er die selbst erlebte Dramatik des 20. Juli im Bendlerblock in Berlin aus der Sicht eines damals 25 Jahre alten Oberleutnants schilderte. Dieser Oberleutnant sollte mit Glück und verschwiegenen Kameraden sowohl den 20. Juli wie auch den II. Weltkrieg insgesamt überleben und war nach dem Kriege u.a. mehrere Jahre Pressereferent im Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen sowie Intendant des RIAS in Berlin.
Besonders hob Frau Kutter auch immer wieder die starke Verankerung im Glauben bei den militärischen Widerstandskämpfern, von denen sehr viele aus dem Potsdamer Infanterieregiment 9 kamen, hervor. Ihr Vater war seinerzeit von Martin Niemöller konfirmiert worden.
Nach dem Vortrag lud Pfarrer Wizisla die Anwesenden noch zu einem Rundgang über den Bornstedter Friedhof ein, auf dem er an Grabsteinen verschiedener Widerstandskämpfer und Angehöriger der Bekennenden Kirche gedachte und jeweils eine gelbe Rose niederlegte.
Den Abschluss der Erinnerung an den 20. Juli bildete ein Gottesdienst von Pfarrerin Radeke-Engst in der Nagelkreuzkapelle der Garnisonkirche um 18 Uhr.